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Fazit zum ersten Jahr der EKSN

Im Januar 2020 hat die neue «Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nicht übertragbarer Krankheiten» (EKSN) ihre Arbeit aufgenommen. Sie hat die drei Vorgängerkommissionen in den Bereichen Alkoholprävention (EKAL), Tabakprävention (EKTP) und Sucht (EKSF) abgelöst. Welche Funktion erfüllt die EKSN? Und womit hat sie sich im ersten Jahr beschäftigt? Präsident Matthias Weishaupt gibt Auskunft.

Warum wurde die neue Kommission gegründet?

Mit der neu konstituierten Kommission möchte der Bundesrat im Suchtbereich mehr Synergien schaffen. Dabei sollen auch Querschnittsthemen wie Ethik oder Chancengleichheit berücksichtigt werden. Die themenspezifische, enge Zusammenarbeit innerhalb einer einzigen Kommission kann die Qualität der Kommissionsarbeit fördern und die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung von allfälligen Massnahmen erhöhen. Die Zusammenlegung der drei bisherigen Kommissionen wird auch als Chance für eine kohärente Politik im Sinne der beiden nationalen Strategien Sucht und NCD erachtet.

Welche Funktion hat die EKSN?

Die EKSN ist in erster Linie ein beratendes Gremium zuhanden des Bundesrates, des Eidgenössischen Departements des Innern und des Bundesamtes für Gesundheit. Wir beobachten und analysieren die nationalen und internationalen Entwicklungen im Suchtbereich und stärken die Zusammenarbeit und Synergienutzung zwischen den verschiedenen Partnern. Zudem verfassen wir Berichte und Stellungnahmen im Rahmen von Vernehmlassungen oder zu aktuellen politischen Themen im Bereich Sucht.

Welchem Thema hat sich die EKSN als erstes gewidmet?

Nach der aufgrund von Covid-19 leicht verzögerten Konstituierung hat die Kommission die Themenschwerpunkte ihrer Arbeit definiert und eine Legislaturplanung gemacht. Aus aktuellem Anlass haben wir uns zudem der Tabakprävention gewidmet und uns unter anderem gegenüber der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) für ein starkes Tabakproduktegesetz eingesetzt.

Welche Themen stehen an?

Vor dem Hintergrund des häufigen Auftretens von Suchterkrankungen in der Bevölkerung stehen wichtige Diskussionen über die Zukunft der schweizerischen Suchtpolitik an. Darunter fallen zum Beispiel Alternativprodukte zum Zigarettenkonsum, neue Erkenntnisse der Suchtforschung und -behandlung, Verhaltenssüchte oder der Missbrauch psychoaktiver Medikamente. Älter werdende Suchtbetroffene, eine grösser werdende Bevölkerungsgruppe, brauchen eine erhöhte Aufmerksamkeit und entsprechende Massnahmen. Weitere Themen sind der Experimentierartikel für eine regulierte Cannabis-Abgabe oder die stärkere Zusammenarbeit zwischen Sozialwesen, Gesundheitswesen und Justiz im Suchtbereich. Schliesslich ist auch ein klares Bekenntnis für eine nachhaltige Verankerung der Vier-Säulen-Suchtpolitik gefragt.

Wieso heisst die Kommission nicht einfach «Eidgenössische Kommission für Suchtfragen»?

Der Konsum von Alkohol und Tabak sowie anderen Substanzen ist ein zentraler Risikofaktor sowohl für Suchterkrankungen als auch für nichtübertragbare Krankheiten. Dies ist der Grund, weshalb die Prävention nichtübertragbarer Krankheiten, die in einem Zusammenhang mit Suchtmitteln stehen, eine Aufgabe der EKSN ist. Dies wird im – zugegeben etwas sperrigen – Namen der neuen Kommission abgebildet.

Welches sind Ihre Hauptaufgaben als Präsident?

Die erste Aufgabe bestand in der Zusammenführung der drei bisherigen Kommissionen, die unterschiedliche Funktionsweisen und teilweise auch gegensätzliche Positionen hatten. In Zusammenarbeit mit allen neuen Kommissionsmitgliedern geht es nun in erster Linie darum, eine gemeinsame Haltung zu finden, die sich an einem suchtform- und risikofaktorenübergreifenden Ansatz orientiert. Als Präsident ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die EKSN ihr grösstmögliches Potential entwickelt und in die gesellschaftspolitische Diskussion einbringen kann. In besonderer Weise bin ich gefordert, wenn es unterschiedliche Haltungen und Positionen zu vermitteln gilt. Zudem vertrete ich die Kommission bei Bedarf gegen aussen, wenn nicht andere Mitglieder der EKSN als fachkundige Expertinnen und Experten diese Vertretung wahrnehmen können.

Welchen Themen möchte sich die EKSN in der Legislatur annehmen?

Die Themenvielfalt ist gross. Die Kommission hat eine erste Auslegeordnung gemacht. Wir haben zwei übergeordnete Themenbereiche bezeichnet, in denen vordringlich zukunftsgerichtete Antworten auf aktuelle Herausforderungen erwartet werden: einerseits den Bereich der Regulierung mit einem umfassenden, substanz- und suchtformübergreifenden Ansatz; andererseits die integrierte Versorgung mit einem besonderen Augenmerk auf Angebotslücken. Zudem erarbeitet die Kommission eine gemeinsame Grundhaltung, welche als Leitlinie für nachfolgende Arbeiten dient.

Gibt es ein Thema, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Im Suchtbereich braucht es klare und griffige Regulierungen. Dies darf aber nicht zu einer Kriminalisierung oder Stigmatisierung von suchtbetroffenen Personen führen.

Über Matthias Weishaupt

Dr. phil. I Matthias Weishaupt (Jg. 1961) wohnt in Teufen und war von 2006 bis 2019 Mitglied des Regierungsrats von Appenzell Ausserrhoden und Vorsteher des Departements Gesundheit und Soziales. Heute arbeitet er als Coach, Mediator und Organisationsentwickler in St. Gallen. Seit 2020 ist er Präsident der Ausserrhodischen Kulturstiftung und der Stiftung Plätze für Fahrende in St. Gallen sowie stellvertretender Ombudsmann der Universität St. Gallen.

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